Der langjährige Emmendinger Landtagsabgeordnete Alois Schätzle hat in Waldkirch seinen 95. Geburtstag gefeiert. Neben dem Festredner Erwin Teufel, Ministerpräsident a. D. des Landes Baden-Württemberg, sprach Volker Schebesta, Staatssekretär des Kultusministeriums ein Grußwort für die Landesregierung.
Ich gratuliere Alois Schätzle ganz herzlich zu seinem 95. Geburtstag, wünsche ihm Gesundheit, alles Gute und Gottes Segen.




















„Wenn ich ins Sinnieren komme, dann frage ich mich schon: Warum bist du so alt? Stimmt was mit meinem Geburtsdatum nicht?“ Alois Schätzle schmunzelt: „Das müsste ich mal überprüfen lassen.“ Aber ja, es stimmt: Am Sonntag, 30. August, wird der langjährige CDU-Landtagsabgeordnete und Sozialstaatssekretär 95 Jahre.
Über die Kolpingarbeit ist er seinerzeit in die Politik gekommen; damals, nach der Heimkehr aus dem Krieg 1946, als er unter anderem beim Herder-Verlag arbeitet und sich für die christliche Soziallehre interessierte. Mit einem Arbeitskreis in der Kolpingfamilie Kollnau, seinem Wohnort, fing es an, erzählt er; es folgten in den 1950er-Jahren der Eintritt in die Junge Union, in die CDU. 1958 holte ihn der südbadische CDU-Vorsitzende Anton Dichtel als Sozialstaatssekretär. Fortan bestimmten die Weiterbildung der Arbeitnehmer, die Unterstützung bei der Gründung von Betriebs- und Personalräten, Schulungen und Kurse sein Berufsleben: „Anfangs hab’ ich die Einladungen noch selbst gedruckt.“ Dazu kamen Ehrenämter wie die Geschäftsführung der Arbeitsgemeinschaft christlicher Arbeitnehmer – und immer wieder Kolping.
1971 schaffte es Alois Schätzle in den Landtag, war Emmendinger Abgeordneter bis 1988, zugleich – 1974 bis 1989 – Kreisrat. „Der Mensch ist wichtiger als die Sache“, das war und ist sein Credo: „Ich muss immer fragen, wie wirken sich die Entscheidungen auf den Menschen aus“, sagt er. Von welcher Seite eine gute Sache unterstützt werde, interessiere ihn dagegen nicht. Und er wollte immer etwas tun, lieber Geschäftsführer als Vorsitzender sein, erzählt er. „Die Ämter kamen zu mir“, erinnert er sich.
„Ich weiß, wie schwer es ist, wenn man etwas ändern will.“
So fällt es ihm schwer, dass ein Sturz in der Wohnung seine körperliche Bewegungsfreiheit eingeschränkt hat und er ein „drittes Bein“, einen Handstock, benötigt. „Bis zur Kirche schaffe ich es grade noch, dann muss ich mich ausruhen“. Aber er sei zufrieden. So versorge er sich noch selbst, wäscht, bügelt und kocht, bereitet sich sein Frühstück zu – Zeitunglesen gehört dazu – und überlegt später, was er kochen wird. Er esse gern – nichts Üppiges, eher bescheiden. Sein Lieblingsgericht? Leberspätzle. Tagsüber mal ein Espresso, am Abend darf’s dann auch ein Glas Wein sein, ein Grauburgunder oder Rotwein, am liebsten halbtrocken. In diesem heißen Sommer beschränkt er sich aber auf alkoholfreies Bier.
Die Corona-Einschränkungen akzeptiert er: „Was ich einsehe, wird gemacht – fertig!“ Es werde sich noch vieles ändern, und die Änderungen werden bleiben, ist er überzeugt. Noch aus seiner aktiven Zeit hat er Kontakte nach Südtirol, wo er, eigentlich zum Urlaub nach St. Magdalena gereist, den dortigen Präses von Kolping kennen lernte – der Beginn einer engen Freundschaft und viel Arbeit: Kolping-Schulungen für Handwerker und der Wiederaufbau des Kolpinghauses, wobei Schätzle im Bauausschuss saß. Nach Südtirol möchte er auch gern noch einmal, alte Weggefährten treffen: „Wenn der Herrgott es will, im nächsten Jahr.“ Zwei seiner drei Söhne wollen die Reise mit ihm machen. Die Söhne haben ihn auch davon überzeugt, in die offizielle Feier einzuwilligen: „Ich wollte ja gar nicht.“
Funktionen hat er schon lange nicht mehr, dafür um so mehr Ehren, beispielsweise den Kolping-Ehrenvorsitz. Sein Interesse an der Politik ist ungebrochen, so war er jüngst bei der Vorstellung der CDU-Landtagskandidatin in Buchholz dabei. Aber er mischt sich schon lange nicht mehr ein: „Ich weiß, wie schwer es ist, wenn man etwas ändern will.“ Obwohl – etwas würde er schon gern ändern, wenn er’s könnte: „Wir saßen früher abends beisammen, haben Skat gespielt, und dabei sind die tollsten Dinge geboren worden“, erinnert er sich. Diese mitmenschliche Zusammenarbeit fehle heute.
Alois Schätzle, geboren am 30. August 1925, gelernter Einzelhandelskaufmann, ab 1958 hauptamtlicher Sozialsekretär, CDU-Landtagsabgeordneter von 1971 bis 1988, die letzten vier Jahre im Petitionsausschuss; Kreisrat (1974 bis 1989). Seit 1973 Vorsitzender des Kolpingwerks der Erzdiözese Freiburg. Von Papst Paul II. für Verdienste um die katholische Kirche und den Glauben zum Ritter des Silvesterordens ernannt. Schätzle ist seit 2005 verwitwet, hat drei noch lebende Kinder und sechs Enkel.
Quelle: Badische Zeitung